Als ich zu Beginn der 60-er Jahre besonders viel graphisch arbeitete, habe ich unter anderem an figürliche Blätter mit jüdischer Thematik gezeichnet. In ihnen spiegeln sich die Erfahrungen meiner Kindheit, die verbunden sind mit meiner jüdischen Herkunft und mit dem Leben des ukrainischen jüdischen Schtetls der Kriegs- und Nachkriegsjahre.
An einem bestimmten Punkt kam wie von selbst die Frage auf: Könnte das Ziel darin bestehen, dieses Leiden darzustellen in seiner von allem Illustrativen geläuterten Form – befreit von den konkreten Eigenheiten des Ortes, der Zeit, der Nationalität und der Psychologie? Ein plastisch inkorporiertes Leiden, ein Leiden ohne « Abbildhaftigkeit ».
Innerhalb von 50 Jahren Arbeit bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass eine graphische oder malerische Komposition viel mehr Leid und Gram in sich zu tragen und allumfassend, ja, global zu werden vermag, wenn sie nicht an das Konkrete gebunden bleibt. Doch namentlich dem Konkreten (in meinem Falle ist dies eben das Judentum mit all seinen Verwicklungen) bin ich dafür dankbar, dass es mich erst gelehrt hat, das Dasein, Geist, Chaos und Harmonie zu verstehen und angemessen darzustellen.
Daher trifft sich alles, was ich jemals geschaffen habe – ob « Vögel », « Engel », « Figuren » oder « Türme » –, an einem Fluchtpunkt. Dieser Fluchtpunkt ist mein Judentum.